Wie wir die Citizens niederbrüllten – oder: Englische C’s sind keine B’s!

Ein Blog-Beitrag von Sebastian Finkler und Daniel Mertens*

 

Endlich war es soweit. Die lang ersehnte erste Auswärtsfahrt der Saison in der Königsklasse ging nach Manchester. Seit Wochen hatten wir uns darauf gefreut und konnten es kaum erwarten, dass das Flugzeug von der Rollbahn in Richtung Empire abheben würde.

Während wir Autoren hier nun zusammensitzen und die Reise – frei nach Horst Hrubesch – noch einmal Paroli laufen lassen, stellen wir fest, dass wir mit zwei verschiedenen Grundeinstellungen nach England geflogen sind.

Sebastian: „Ich war doch ein wenig skeptisch hinsichtlich der Freiheiten für uns Gästefans in England.“

Daniel: „Warum denn das?“

Sebastian: „Nun, da ist insbesondere die Kartenpolitik von Manchester City zu nennen.“

Man City hatte – nach Rücksprache mit der örtlichen Polizei – sämtliche Bestellungen von offenkundigen Dortmundern für Blöcke außerhalb des Gästesektors kurzerhand storniert – und das in einigen Extremfällen sogar erst wenige Stunden vor dem Start der schwarzgelben Karawane in Richtung Nordengland kundgetan.

Daniel: „Aber City hatte doch vor dem Verkauf explizit darauf hingewiesen, dass alle Bestellungen storniert werden, die von Gästefans oder von Personen ohne Buchungshistorie getätigt werden. Insofern kann man City doch keinen Vorwurf machen für den Trotz, aus dem heraus die Dortmunder dennoch bestellt haben.“

Doch diese Ärgernisse aus dem Vorfeld waren schnell vergessen. Denn bereits am Mittwochmorgen färbte sich das Innere der Stadt in Schwarz und Gelb. Egal, wo man in Manchester auftauchte, man sah gelbe Trikots, Schals und Mützen. Der gemeinsamer Anlaufpunkt für alle Borussen war Piccadilly Gardens, ein Platz im Zentrum mitsamt einigen Pubs in unmittelbarer Nähe.

Wir entschieden uns für das Wetherspoons, nicht zuletzt wegen der hervorragenden Chicken Wings. Als sich der Pub mit immer mehr Borussen füllte, trat genau das ein, was das Fan-Herz begehrt: Es entwickelte sich eine ausgelassene Stimmung mit lauten Gesängen, es herrschte schlichtweg pure Vorfreude. Einzig die Kellnerin Jenny dürfte es nicht sonderlich amüsiert haben, dass ihre Kollegin ihren Namen verraten hatte. Dieser wurde fortan natürlich fester Bestandteil des Liedguts. Das Wetherspoons war die ideale Einstimmung und ein guter Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte.

Um kurz nach 17 Uhr zogen schließlich alle Borussen aus der Stadt zurück zum Piccadilly Gardens. Es bot sich ein tolles Bild: 3000 Dortmunder versammelten sich im Herzen Manchesters zum gemeinsamen Marsch ins Stadion. In rund einer Stunde legten wir die knapp drei Kilometer bis zum Stadion zurück. Mit lautstarken Fangesängen zog die schwarzgelbe Masse durch die Innenstadt und lockte dadurch unzählige schaulustige Engländer an die Straßenränder. Dort sorgten freundliche, aber bestimmt auftretende Polizisten dafür, dass alles völlig friedlich und in ausgelassener Stimmung ablief.

Hier soll erstmals die englische Polizei lobend erwähnt werden. Bereits zuvor in der Innenstadt hielten sich die Gesetzeshüter erfrischend im Hintergrund, zeigten aber dennoch Präsenz und suggerierten damit, dass sie keinerlei Verstöße gegen das Gesetz tolerieren würden. Besonders angenehm war dabei die optische Erscheinung der Polizisten: Statt wie in Deutschland mit Helm und Ganzkörperprotektoren ausgestattet, neben dem Wasserwerfer stehend und der Hand quasi immer am Schlagstock standen die Polizisten in England mit ihren eigentümlich anmutenden schwarzen Hüten da und strahlten trotz auch ohne Schlagstock und sichtbare Waffen eine Autorität aus, die einem sagte: „Wir sind Dein bester Freund oder Dein größter Feind. Es liegt bei Dir!“ Dennoch offenbaren sich in diesem Punkt wieder zwei verschiedene Erfahrungen bei den Autoren.

Sebastian: „Das war wesentlich lockerer und gelassener, als vor einem Jahr in London. Diesmal gab es keine Knüppelhiebe beim Wasserlassen.“

Daniel: „Naja, die Polizisten in Manchester fand ich genauso wie in London. Solange man sich an die Regeln und Gesetze hielt, die einem im Vorfeld mitgeteilt wurden, konnte man mit ihnen sehr entspannt reden, sie waren nett, freundlich und hilfsbereit. Wenn man sich ihren Anweisungen jedoch widersetzt, dann zeigen sie einem schnell, wer der Herr der Lage ist. Aber das ist doch auch völlig okay.“

Gegen halb sieben erreichten wir schließlich das Stadion und strömten sofort in den Gästebereich. Hier sorgten orangene Ordner und gelbe Polizisten für eine klare Abgrenzung zwischen Heim- und Gästebereich.  Auch hier traten sowohl die Ordner als auch die Polizisten superfreundlich auf – solange man sich an ihre Regeln hielt. Völlig überzogen erschienen daher die „ACAB“-Rufe einiger unverbesserlicher Borussen in Nähe des Ultra-Umfeldes, als es mit den Ordnungshütern kleinere Probleme wegen einiger Banner gab, die aufgehängt werden sollten. Die englischen C’s sind wirklich alles andere als B’s!

Die Stimmung im Gästebereich war von Anfang an bombastisch. Nur selten haben wir eine solch frenetische Unterstützung erlebt. 3000 schwarzgelbe Kehlen wollten ihre Borussia zum Sieg brüllen. Etwas  eigenartig mutete die Konstellation im Stadion an. Links und rechts neben dem Gästeblock schienen exakt auch die stärksten Supporter der Citizens zu sitzen bzw. zu stehen. Jedenfalls fühlten sich die Engländer in diesen – und nur in diesen – Bereichen von der Stimmung aus dem Gästeblock herausgefordert, sodass sie sich auch einige Male lautstark zu Wort meldeten. Wir ließen uns jedoch nicht lumpen und können mit Fug und Recht behaupten, dass wir die Citizens zumindest auf den Rängen niedergebrüllt haben. Fast wäre dies auch auf dem Rasen von Erfolg gekrönt gewesen, doch deutsche Mannschaften haben fortan wohl ein Balotelli-Trauma.

Runter wie Öl gingen hingegen die Szenen nach dem Abpfiff. Während es für uns die international obligatorische Blocksperre gab, verließen die Citizens das Stadion. Und genau die Engländer, mit denen es links und rechts vom Gästeblock während des Spiels teils heftige verbale Konfrontationen gab, verließen das Stadion mit anerkennenden Blicken in Richtung Gästeblock. Zahlreiche Citizens applaudierten uns für den Support, den wir 90 Minuten lang abgelegt hatten. Und wir antworteten, wie es höfliche Gäste nach dem Spiel auch tun sollten, entsprechend und erwiderten die Anerkennung ebenfalls mit Applaus. Hier spielte sicherlich auch eine gewisse Überraschung auf schwarzgelber Seite eine Rolle. Einen Support wie teilweise von den Citizens links und rechts neben uns hatten wir in England generell und erst recht nicht beim Scheich-Team erwartet. Die Polizei stand übrigens dazwischen und hatte zu tun: Nichts! Rainer Wendt: So geht Polizei heute!

Doch auch von der englischen Polizei gab es Lob für die Dortmunder. Diese kommt auch in einer Twitter-Nachricht zum Ausdruck, die sich mit dem Verteilen von Süßigkeiten durch englische Polizisten an Dortmunder Fans im Stau nach dem Spiel bei starkem Dauerregen befasste.

Zusammenfassend kann man also von einer rundum gelungenen Reise sprechen. Wir freuen uns auf das nächste Gastspiel auf der Insel – vor allem aber auch auf das Rückspiel gegen Manchester City und das Wiedersehen mit den Engländern.

 *) Daniel Mertens ist Mitglied der BVB Supporters Lennetal, Mitarbeiter bei dem Portal   FANKULTUR.com und bloggt regelmäßig zu Themen rund um den BVB.